Spiegel fordert Verdreifachung der Photovoltaik und Verdoppelung der Windräder

Neben der grünen Spitzenkandidatin stellten sich beim Digitalen Neujahrsempfang die beiden Direktkandidaten Mathias Flügel und Gunnar Bach vor

WESTERWALDKREIS. Die Spitzenkandidatin Anne Spiegel stellte den Kampf gegen die Klimakatastrophe in den Mittelpunkt ihrer Ansprache. Diese sei ein wenig aus dem Bewusstsein der Menschen gewichen, zu Unrecht, wie die neue Umweltministerin betonte. „Wir hatten im vergangenen Jahr den dritten Dürresommer hintereinander, was unter anderem zur Folge hatte, dass in Rheinland-Pfalz mittlerweile 10 bis 15 Prozent aller Bäume tot oder totkrank sind.“ Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, forderte sie den Ausbau der Erneuerbaren Energie sowie eine Verkehrswende.

Hierfür solle die Zahl der Photovoltaikanlagen verdreifacht und die Windräder verdoppelt werden, so die Mindestforderung der 40-jährigen Politikerin aus der Pfalz.

Von diesen Maßnahmen erhofft sich Spiegel als Nebeneffekt eine Ankurbelung der Wirtschaft. „Jede neue Photovoltaikanlage ist auch ein Auftrag bei hiesigen Handwerksunternehmen“, betonte Spiegel.

Als wichtigste bildungspolitische Forderung sah Spiegel der Ausbau der Ganztagsschulen an. Mehr biologisch und regional sollen die Mittagmahlzeiten dort ausfallen. „Wir fordern 30 Prozent Biolebensmittel und 50 Prozent regionale Produkte für Kita- und Schulessen“, spezifizierte die mit einem Schotten verheiratete vierfache Mutter ihre Vorstellung von nachhaltiger Schulverpflegung. Außerdem setzte sie sich für eine wohnortnahe Versorgung mit Hausärzten ein und befürwortete den Ausbau lokaler Kliniken zu regionalen medizinischen Versorgungszentren.

Flügel: „Jahr der Entscheidungen“

Mathias Flügel aus Härtlingen, der als Direktkandidat für den Wahlkreis 5  (Bad Marienberg/Westerburg) antritt, nannte das angebrochene  Jahr 2021 „das Jahr der Entscheidungen“ „Wir leben in einer Zeit, die nicht unsicherer sein könnte, wo Klimakrise und Coronakrise unsere Existenz bedrohen“, so Flügel.

Die Schulen gingen zur Zeit „hilflos im Chaos unter“, skizzierte Flügel die kritische Situation. Bis vor einem Jahr sei er selbst noch zur Schule gegangen und habe die Schwächen innerhalb des Systems sehen können. „Glasfaser, W-Lan und online waren dort noch Worte, von den man gehört hatte, und von denen man wusste sie würden noch wichtiger, aber passiert ist nichts“, prangerte der heutige Student an. In der Heimlehre erlebe er zur Zeit, wie heftig die Schulen, die noch im letzten Jahrtausend hängen, getroffen wurden. „Corona hat offengelegt wie viel wir aufholen müssen“, drückte Flügel seine Unzufriedenheit über die gegenwärtige Situation aus. Von seinem Bruder, der noch Schüler sei, weiß Flügel, wie sehr Schüler*innen und Lehrer*innen Umgang mit den neuen Medien überfordert seien. Zudem gebe es  eine Ungleichheit unter Schülern*innen mit Laptop und ohne. „Wir müssen massiv in die Digitale Infrastruktur der Schulen investieren, um Ungleichheit zu beseitigen und um den Schüler*innen wieder die Möglichkeit geben zu können wirklich Bildung zu erfahren, auch in Zeiten von Corona.“

Auf Waldbrände nicht vorbereitet

Ebenso griff er die zweite virulente Krise, die Klimakatastrophe, in seiner Rede auf. „Der Klimawandel zeigt uns seine hässliche Fratze. Waldbrände und Unwetter, die die Feuerwehren verzweifeln lassen. Riesige Waldflächen, die man schwer noch als Wald bezeichnen kann und Dürren, die Ernten zerstören und sogar im Westerwald das Wasser knapp werden lassen“, beschrieb Flügel die sich abzeichnende Katastrophe. „Wir müssen uns den Ursachen und Symptomen stellen und sie mit aller nötigen Härte beseitigen“, forderte er im Schlussteil seiner Rede.

Flügel setze sich besonders dafür ein, die grüne Energie in die Hände der Bürger*innen selbst zu geben und setzte sich für die Gründung kommunaler Energiegenossenschaften wie in seinem Heimatdorf Härtlingen ein. „Ich erlebe es in meinem eigenen Dorf, wo Windkraftanlagen dadurch an Akzeptanz gewinnen, weil sie durch geschickte Verhandlungen Geld in die Kassen unserer Kommune spülen.“ . Außerdem wünscht sich Flügel eine Besserung Ausstattung der Feuerwehren auch seitens des Landes, um sie an die neuen Probleme anzupassen. Denn diese sei vielerorts nicht auf durch die Klimakatastrophe eventuell vermehrt auftretende Waldbrände vorbereitet.

Mischwald mit Wildnisflächen

Zum Thema Wald äußerte sich Flügel folgendermaßen. „Der Wald ist Natur. Der Wald ist keine Fichten-Plantage. So müssen wir ihn betrachten und auch behandeln. Wir brauchen einen dem Klima angepassten Mischwald mit ausgewiesenen Wildnis-Flächen. Dort kann die Natur, Natur sein und sich erholen. Denn sie weiß am besten, wie das geht.“

Bündnis 90/ Die Grünen hätten  in der Landesregierung schon viele Erfolge erzielt. 

„Wir brauchen aber auch die Mittel aus der CO2-Steuer, um die Waldbesitzenden und Kommunen zu unterstützen, denn der Wert des Waldes liegt eben nicht nur in seinem Holz, sondern vor allem auch in seiner Natur, die uns Erholung bietet und die das CO2 bindet, was wir in die Luft blasen.“

Bach für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung

Gunnar Bach aus Nentershausen, Direktkandidat für den Wahlkreis 6 (Montabaur), bedauerte zu Beginn seiner Rede, dass viele Menschen die drohende Klimakatastrophe aufgrund der Corona-Alltagssorgen nicht mehr wie noch vor einem Jahr im Blick hätten. Die Bewegung „Friday for future“ habe schon viel bewegt, aber Bach setze nicht wie Greta Thunberg darauf, den Menschen Angst zu machen, sondern Visionen zu entwerfen, die sich auf drei politische Grundwerte beziehen; Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

Mehr Gemeinwohlorientierung

Um Frieden zu haben, dürfe man nicht auf unbegrenztes Wachstum setzen, betonte der katholische Theologe. Wer dem Frieden dienen will, müsse auch zunehmend dafür eintreten, dass politische Entscheidungen sich nicht nur an dem Wohl einzelner Interessengruppen, sondern am Gemeinwohl orientierten. „Ökonomie und Ökologie sind vom Ursprung her das gleiche Handeln, nämlich das nachhaltige Bewirtschaften und Pflegen des gemeinsam bewohnten Hauses, global gehen also die Bewahrung der Umwelt und der Ressourcen. Wer an diesen Werten seine Politik ausrichte, könne eigentlich nichts mehr individualistisch betrachten, sondern müsse versuchen, das Ganze mit in den Blick zu nehmen. Auch der Wert der Gerechtigkeit habe vielfältige Dimensionen.“ Inklusion, Bildungschancen, regionale Gesundheitsversorgung, der faire Preis für Erzeuger*innen von Produkte und die entsprechende Nachhaltigkeit, Biodiversität und Artenschutz“, .zählte Bach den Handlungskatalog auf

Wer sich schließlich für den Wert der Bewahrung der Schöpfung einsetze, dürfe bei allem Handlungsbedarf  auch nicht verlernen, „über dieses Geschenk der Natur, ihren reich gedeckten Tisch, zu staunen und sich über die Natur zu freuen“, wünschte sich Bach abschließend.

Im Vorfeld des Empfangs wurden an die über 50 Teilnehmenden Päckchen mit selbst geimkerten Honig aus dem Naturpark Nassau, Grüntee und ein Piccolo Sekt zum Anstoßen auf das neue Jahr verschickt. Dieses aus der Not geborene virtuelle Neujahrsempfang-Format werteten die Westerwälder Grünen als vollen Erfolg.