Dritter Wäller Fahrradkongress zeigt Wege für eine bessere Radinfrastruktur im Westerwald auf

Am 21. September 2024 fand im Bürgerhaus Wirges der Wäller Fahrradkongress statt – eine äußerst gelungene und gut besuchte Veranstaltung. Wir von Bündnis 90/Die Grünen Westerwald sind froh, dass die Organisatoren auch bei der dritten Auflage dieses Kongresses erneut die Bedeutung einer besseren Radinfrastruktur im Westerwald in den Fokus von Öffentlichkeit und Politik gerückt haben. Die gut besuchten Stände vor der Halle und die Vorträge im Saal zeigten, dass der Radverkehr für viele Bürgerinnen und Bürger einen hohen Stellenwert im Alltag hat.

Besonders die kontroverse Diskussion zwischen dem Publikum, dem Vertreter des LBM Diez und der ersten Beigeordneten des Landkreises, Frau Gabriele Wieland, verdeutlichte, wie verhärtet die Fronten zwischen Radfahrenden einerseits und der politischen Führung des Westerwaldkreises sowie dem LBM andererseits teilweise sind.

Es muss betont werden, dass Herr Michael Engels, Vertreter des LBM Diez, den Unmut über die unzureichenden Aktivitäten beim Radwegebau in den letzten Jahren abbekam, obwohl er dafür nicht verantwortlich ist. Mit nur vier Mitarbeitenden im Bereich Radinfrastruktur bemüht er sich seit zwei Jahren, die Situation im Westerwaldkreis zu verbessern. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Rückstände beim Bau von Alltagsradwegen im Landkreis inzwischen so erheblich sind, dass das neue Radwegekonzept des Landkreises kurzfristig kaum Verbesserungen bringen wird, solange nicht deutlich mehr finanzielle und personelle Ressourcen im LBM bereitgestellt werden. Dafür braucht es vor allem im Verkehrsministerium den politischen Willen zu grundlegenden Veränderungen – dieser ist jedoch bislang kaum erkennbar.

Auch Frau Wieland machte in ihren Ausführungen deutlich, dass die politische Entscheiderinnen und Entscheider im Landkreis Veränderungen zwar grundsätzlich positiv bewerten, diese aber noch nicht aktiv genug vorantreiben. Sie verwies in ihrem Vortrag mehrfach auf die Herausforderungen bei der Planung und Umsetzung neuer Radwege, wie Eigentumsrechte, technische Anforderungen und gesetzliche Hürden. Es fehlte aber an konkreten Lösungsansätze, wie diese Hürden überwunden werden sollen. Zwar hat Rheinland-Pfalz im Vergleich zu Bundesländern wie NRW oder Baden-Württemberg Nachholbedarf bei Geset-zesanpassungen, die den Ausbau der Radinfrastruktur erleichtern würden, doch auch unter den bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen wäre im Westerwaldkreis deutlich mehr möglich, wie die Beispiele aus Rheinhessen und der Pfalz zeigen – vorausgesetzt, es besteht der politische Wille, den Status quo zu verändern.

Prof. Follmann, Mobilitätsbeauftragter der Hochschule Darmstadt, betonte in seinem Vortrag die zentrale Rolle der politischen Entscheidungsträger und Verwaltungen. Nur mit Mut und Entschlossenheit lassen sich die Bedingungen für den Radverkehr verbessern. Der Professor stellte zahlreiche pragmatische Ansätze vor, um den Radverkehr auch in ländlichen Regionen wie dem Westerwald alltagstauglicher zu machen. Er zeigte z. B. anhand des nördlichen Rhein-Main-Gebiets, dass man innerhalb von acht Jahren deutliche Fortschritte in der Radinfrastruktur erzielen konnte, indem man dort nicht auf langwierige und umfangreiche Planungsverfahren für lange Radwege setzte, sondern mit den Gemeinden vor Ort pragmatische Lösungen für kurze Teilabschnitte fand. Dieses Umdenken hat dazu geführt, dass heute in dieser Region deutlich mehr alltagstaugliche Radwege vorhanden sind als in Regionen, die umfangreiche Radwegekonzepte mit zahlreichen Planungsschritten angestoßen haben.

Für uns Grüne im Westerwald ist auch nach dem dritten Wäller Fahrradkongress klar: Die Mobilitätswende bedeutet für uns nicht, das Auto als wichtiges Verkehrsmittel im ländlichen Raum abzuschaffen oder von den Straßen zu verbannen. Vielmehr wollen wir den Radfahrenden mehr Sicherheit im Straßenverkehr geben. Ebenso wollen wir denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die aufgrund fehlender oder unsicherer Radwege das Fahrrad weniger nutzen, als sie eigentlich möchten, durch alltagstaugliche Radwege neue Möglichkeiten zur Fortbewegung eröffnen. Der Status quo, bei dem Radfahrende in der Verkehrsplanung nur nachrangig berücksichtigt werden, muss überwunden werden. Gleichzeitig darf es dabei zu keinem ideologischen Konflikt zwischen den verschiedenen Fortbewegungsarten kommen, da dieser pragmatische Lösungen oftmals verhindert. Wie Prof. Follmann abschließend betonte, braucht es intelligente, unkonventionelle und vorausschauende Maßnahmen, um ein sicheres Miteinander in der sich wandelnden Mobilität zu erreichen.

Wir Grüne unterstützen daher ausdrücklich die Aufstellung des Radwegekonzepts im Westerwaldkreis. Gleichzeitig darf dieses seit zwei Jahren laufende Projekt nicht den dringend benötigten Ausbau von Radwegen hemmen und weiter verzögern. Wir plädieren dafür, zeitnah mit einfachen Maßnahmen und kurzen Streckenabschnitten zu beginnen. Beispielsweise könnten bereits bestehende touristische Radstrecken zwischen den größeren Städten im unteren Westerwald – wie Montabaur, Wirges, Ransbach-Baumbach und Höhr-Grenzhausen – für den Alltagsradverkehr ertüchtigt werden. Ebenso müssen endlich die schon seit Jahren bzw. Jahrzehnten geplante bzw. in aller Breite diskutierte Radwege wie z.B. zwischen Hachenburg und Höchstenbach oder Holler und Montabaur endlich umgesetzt werden. Damit beim vierten Wäller Fahrradkongress nicht nur Forderungen nach besseren Alltagsradwegen und Absichtserklärungen, sondern auch erste erfolgreiche Umsetzungen präsentiert werden können.

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